Der Einfluss von Gefährdungskognitionen, Arousal und Aufmerksamkeit auf den Symptombericht: Ergebnisse einer Studie zur Entwicklung amalgambezogener Beschwerden

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Zitierfähiger Link (URI): http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-opus-13931
http://hdl.handle.net/10900/48652
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2004
Sprache: Deutsch
Fakultät: 7 Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Fachbereich: Sonstige - Informations- und Kognitionswissenschaften
Gutachter: Hautzinger, Martin
Tag der mündl. Prüfung: 2004-07-14
DDC-Klassifikation: 150 - Psychologie
Schlagworte: Amalgam , Funktionelle Störung , Experimentelle Psychologie
Freie Schlagwörter: Dentalamalgam , Somatoforme Störung , Competition-of-cues-Effekt , Kontrollgruppenstudie , gesundheitsschädigende Wirkung
dental amalgam , somatoform disorder , competition-of-cues-effect , case control study , adverse health effects
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Theoretischer Hintergrund: Amalgamassoziierte Störungen sorgten in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts für heftige Diskussionen in der gesundheitsorientierten Öffentlichkeit. Eine erhebliche Zahl von Betroffenen meldete sich zu Wort, die eine Reihe von körperlichen und psychischen Beschwerden auf die Wirkung von freigesetztem Quecksilber aus amalgamhaltigen Zahnfüllungen zurückführten. Die wissenschaftliche Befundlage lieferte dagegen insgesamt nur wenig Unterstützung für diese Annahme. Auf der Basis der vorliegenden empirischen Befunde erstellten Bailer et al. (2000) ein Erklärungsmodell zur Entstehung dentalmaterialbezogener somatoformer Störungen. Dieses Modell lehnt sich an entsprechende Modelle somatoformer Störungen an. Es erklärt die Entstehung und Aufrechterhaltung der Beschwerden auf der Basis psychologischer Mechanismen. Dazu zählen in erster Linie eine individuell erhöhte psychische Vulnerabilität, die Fehlinterpretation von körperlichen Prozessen sowie ein somatoformer Aufschaukelungsprozesses in Form eines Teufelskreises. Fragestellung: Überprüft werden Hypothesen, die sich aus dem postulierten Erklärungsmodell ableiten lassen: Wie und in welchem Ausmaß unterscheiden sich amalgamsensitive Probandinnen in ihrer Befindlichkeit, in der Quecksilberbelastung und in ihrer psychischen Vulnerabilität von einer Kontrollgruppe? Unterscheiden sich die beiden Gruppen in der Bewertung von körperlichem Arousal? Methode: Mittels eines Screening-Fragebogens wurden Probandinnen identifziert, die der Überzeugung waren, dass ihre Gesundheit durch Quecksilber aus Amalgamfüllungen bereits erheblich geschädigt sei (Amalgamsensitive, N =40). Diese wurden im Rahmen einer Kontrollgruppenuntersuchung mit einer Gruppe von amalgamindifferenten Probandinnen verglichen (N =43). Alle Probandinnen wurden einer zahnmedizinischen, einer arbeitsmedizinischen einschließlich einer toxikologischen sowie einer psychologischen Untersuchung unterzogen. Die Verarbeitung von körperlichem Arousal wurde mittels einer experimentalpsychologischen Anordnung untersucht. Ergebnisse: Amalgamsensitive Probandinnen wiesen eine ausgeprägte Befindlichkeitsstörung auf, sie unterschieden sich dabei deutlich von den Probandinnen der Kontrollgruppe. Dabei fanden sich vor allem erhöhte Werte im Bereich unerklärter körperlicher Symptome (SOMS-Fragebogen und SCL-90R-Skala Somatisierung). Dies spiegelte sich auch in einer erhöhten Zahl an Diagnosen somatoformer Störungen wider. Daneben fanden sich in der Amalgamgruppe ebenfalls deutlich höhere Werte für das Ausmaß an depressiver Symptomatik. Kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen fand sich hingegen in allen untersuchten Parametern der Quecksilberbelastung (Anzahl Amalgamfüllungen und -flächen, Hg-Werte in Speichel, Blut und Urin). Ein substantieller Teil der Unterschiede in der Befindlichkeit ließ sich regressionsanalytisch durch die Vulnerabiltitätsfaktoren erklären, wobei insbesondere Trait-Ängstlichkeit und Kognitionen zur körperlichen Schwäche (FKG-Fragebogen) eine zentrale Rolle spielten. In diesen Variablen wiesen die Amalgamsensitiven ebenfalls zum Teil deutlich erhöhte Werte auf. Bei der Untersuchung zur Bewertung von körperlichem Arousal fand sich bei den amalgamsensitiven Probandinnen eine signifikant ausgeprägtere Einschätzung der körperlichen und emotionalen Auswirkungen des induzierten Arousals. Weitere differentielle Effekte ließen sich nicht nachweisen. Schlussfolgerung: Die Ergebnisse der Studie legen eine psychologische Verursachung der beklagten Beschwerden nahe. Es fanden sich keine Hinweise, die eine toxikologische Ätiologie der Beschwerden belegen.

Abstract:

Background: Amalgamrelated disorders caused a lot of controversial public discussions in the nineties of the last century. A number of patients with amalgam fillings claimed, that physical and psychological complaints they suffered from, were caused by mercury released from their dental amalgam fillings. Most scientific studies in this field do not support this assumption. Bailer et al. (2000) developed an explanatory model for the etiology of somatoform symptoms related with dental material. This model is closely related to models of the development of somatoform disorders. It explains the onset and maintenance of the complaints on the basic of psychological mechanism. Crucial points in this model are a heightened psychological vulnerabilty, the misinterpretation of physical symptoms and a vicious circle of somatoform symptoms. Objectives: Hypotheses, which are generated from the postulated explanatory model were examined: How and to which degree are there differences in the health-condition, the mercury-burden and the psychological vulnerability between a group of amalgam sensitive subjects and a control group of amalgam non-sensitive subjects? Do the two groups differ in the assessment of physical arousal? Method: A screening questionnaire was used to identify subjects who were convinced that their health had already been affected seriously by mercury released from their amalgam fillings (amalgam-sensitive, N = 40). These amalgam sensitive subjects were compared to a control-group of amalgam non-sensitive subjects (N = 43). All participants were subjected to dental, general health, toxicological and psychological examination. The appraisal of physical arousal was examined in an experimental psychological setting. Results: Amalgam sensitive subjects showed a higher number of health complaints, they differed significantly from the control group. They reached higher scores for unexplained somatic symptoms (SOMS and SCL-90R Somatization scale). This was also reflected by a higher number of diagnosis of somatoform disorders. Furthermore the amalgam sensitive groups showed a higher degree of depressive symptoms. The two groups did not differ with respect to the examined parameters of mercury burden (number of amalgam fillings and surfaces, mercury levels assessed in saliva, blood and urine). In a regression-analysis, a substantial amount of the health symptoms the patients suffered of, was explained by psychogical risk factors, predominantly trait anxiety and dysfunctional cognitions of bodily weakness (CABAH-Questionaire). Amalgam sensitive subjects scored in this variables although significantly higher than control subjects. The examination of the appraisal of physical arousal showed a higher estimation of the somatic and emotional effect due to the induced arousal. Other specific effects could not be found. Conclusions: The results support a psychological explanation of the reported symptoms and complaints. No evidence for a toxicological etiology could be found.

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