Die Rolle von Antibiotika im postoperativen Verlauf einfacher Handinfektionen

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/77448
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-774480
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-18849
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2017
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Schaller, H.-E. (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2017-07-17
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Schlagworte: Handchirurgie, Antibiotikum
Freie Schlagwörter: Handinfektionen
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Die operative Therapie von Handinfektionen stellt einen routinemäßig durchgeführten Eingriff in der Handchirurgie dar. Infekte der Hand werden entsprechend ihrer Ausdehnung und ihres Schweregrades in einfache Handinfektionen ohne Beteiligung von Knochen, Sehnen oder Gelenken und schwere Handinfektionen mit Beteiligung von mindestens einer dieser Strukturen eingeteilt. Der Fokus der vorliegenden Studie lag dabei auf der Therapie einfacher Handinfektionen. Diese werden prinzipiell mittels eines ausführlichen und zeitnahen chirurgischen Débridements sowie der anschließenden Drainage des Wundsekretes therapiert. Bei vorwiegender Bettruhe erfolgt die Ruhigstellung mittels Schiene sowie die Kühlung und Hochlagerung der betroffenen Extremität. Begleitend können Antibiotika verabreicht werden. Der tatsächliche Nutzen einer begleitenden Antibiotikatherapie ist jedoch bisher nicht abschließend geklärt. Aktuell werden in der Klinik für Plastische, Rekonstruktive, Hand- und Verbrennungschirurgie der BG-Unfallklinik Tübingen drei Formen der Therapie einfacher Handinfektionen durchgeführt, die die Bildung der drei Studiengruppen dieser Studie bedingen. Die Grundlage bildet dabei stets das gründliche und ausgiebige Débridement, während Antibiotika in unterschiedlichem Ausmaß zum Einsatz kommen. So werden Antibiotika wahlweise lokal und systemisch (Gruppe I) oder nur lokal (Gruppe II) eingesetzt. Als lokale Antibiotikaträger werden gentamicinbeschichtete PMMA-Ketten in das Operationsgebiet eingelegt. Für die systemische Antibiotikatherapie wird hingegen in erster Linie Cefazolin als ein Cephalosporin der ersten Generation verwendet. Die dritte Therapieform ist durch den kompletten Verzicht auf Antibiotika gekennzeichnet. Hier wird nach der operativen Sanierung lediglich eine Kapillardrainage (Easy-Flow-Drainage) zur Ableitung des Wundsekretes eingelegt (Gruppe III). Ziel dieser Studie war es zu überprüfen, ob zwischen den drei genannten Therapievarianten grundsätzlich nachteilige Unterschiede im Endergebnis bestehen. Hierzu konnte zum einen auf die bereits vorliegenden Daten einer in der BG-Unfallklinik Tübingen durchgeführten Pilotstudie zurückgegriffen werden, zum anderen wurden im Rahmen dieser Folgestudie 88 weitere Probanden rekrutiert und untersucht, so dass ein Datensatz mit insgesamt 180 Patienten ausgewertet werden konnte. Für Gruppe I (PMMA und systemische Antibiose) konnten 63, für Gruppe II (PMMA) 61 sowie für Gruppe III (Easy-Flow Drainage ohne Antibiotikum) 56 Patienten rekrutiert werden. Diese nahmen nach erfolgter Operation an jeweils zwei Verlaufsuntersuchungen teil, die 14-19 Tage sowie drei Monate postoperativ stattfanden. Die Untersuchungsparameter der Studie waren Altersverteilung, Lokalisation und Purulenz, Infektionsursachen, Keimspektrum, Entzündungsparameter, Operationsdauer, Summe des Fingerkuppenhohlhandabstandes, Summe des Fingernageltischabstandes, Kapandji-Index zur Beurteilung der Opponierbarkeit des Daumens, DASH-Score zur Beurteilung der Einschränkungen im Alltag, Revisionsrate, Schmerzen, Kraftentwicklung, Schienungsdauer, Dauer des stationären Aufenthaltes sowie der Bedarf an funktioneller Therapie. Die erhobenen Daten wurden bei Vorliegen eines deskriptiven Parameters sowohl im Rahmen der Folgestudie als auch gemeinsam mit den Daten der Pilotstudie als Gesamtstudie ausgewertet. Lag hingegen ein qualitativer Parameter vor, der auf signifikante Unterschiede hin getestet werden sollte, wurde aufgrund der höheren statistischen Aussagekraft größerer Fallzahlen nur der Gesamtdatensatz ausgewertet. Als Ergebnis zeigte sich, dass der zusätzliche Einsatz von Antibiotika zu keinem Vorteil in der Rekonvaleszenz führte. Der Verzicht auf Antibiotika in Studiengruppe III hatte keinerlei nachteilige Auswirkungen, weder auf den postoperativen Heilungsverlauf noch auf das Endergebnis nach drei Monaten. Die Vorteile einer antibiotikafreien Therapie sind zahlreich: Keine Nebenwirkungen der Antibiotikatherapie, Vermeidung von Resistenzentwicklungen, geringere Therapiekosten, keine Verschleierung von Infektionsverläufen, weniger Manipulationen im Wundgebiet durch Rückkürzung und Entfernung der PMMA-Kette. Hauptbias im Studiendesign war die fehlende Randomisierung und Verblindung. Dem Operateur oblag nach intraoperativer Beurteilung der Infektsituation die freie Wahl der Therapie mit oder ohne Gabe von Antibiotika, woraus sich die Zuteilung der Probanden in die Studiengruppen ergab. Nichtsdestotrotz liefern die im Rahmen dieser Studie ermittelten Ergebnisse wichtige Impulse für künftige Fragestellungen. In letzter Instanz wäre für die Zukunft eine randomisierte kontrollierte und evtl. sogar multizentrisch angelegte Anschlussstudie nach dem Arzneimittelgesetz wünschenswert, um so die Grundlage für eine verbindliche Behandlungsrichtlinie zu schaffen.

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